Hamburger Streetworker und Ex-Basketballer Samer Ismailat möchte Kinder und Jugendliche mit speziellem Projekt unterstützen
Von Jan-Hendrik Hildebrandt
Samer Ismailat ist in seiner Karriere als Basketball-Profi vielrumgekommen: Aus seiner Heimat Ostfriesland ging es für ihn über Cuxhaven, seine Geburtsstadt Beirut im Libanon, und eine Stelle als Assistenztrainer bei den Korbjägern des FC Barcelona nach Hamburg, wo der 39-Jährige auf dem Kiez einen eigenen Bas- ketball-Verein gegründet hat: die St. Pauli Bats.
Bei der Gründung des Vereins im Jahr 2016 standen zunächst Spaß am Spiel und natürlich auch irgendwie der Erfolg im Vordergrund. Später wurde dies um eine wichtige Komponente ergänzt, dem sozialen Aspekt. Ismailat organisierte in Hamburger Brennpunkten und Notunterkünften kostenlose Basketballcamps, in denen die Kinder dann untereinan- der Turniere austrugen. Aus dem Basketballer wurde der Streetworker. „Ich wollte den Kids ein bisschen Abwechslung im sonst doch eher etwas grauen Alltag bieten. Sie sollten einfach mal drauf losspielen und alles um sich herum vergessen“, beschreibt der 39-Jährige die Idee dahinter.
Sechs Jahre und ein paar graue Haare später steht dies für den gebürtigen Libanesen mehr denn je im Mittelpunkt. Ein Grund ist die Corona-Pandemie. „Der erste Lockdown mit seinen zahlreichen Kontaktbeschrän- kungen hat uns ziemlich zugesetzt. Wir konnten die Kids nicht mehr aus den Unterkünften abholen und keine Turniere veranstalten und mussten das Ganze auf pädagogische Sachen runterfahren Das Projekt, wie es ursprünglich existierte, musste überdacht werden.“ So kam Ismailat die Idee einer mobilen Anlaufstelle für Kinder in Form eines Busses, dem sogenannten Bats-Bus. Als kleine Inspiration diente ihm dabei das Jamliner-Projekt vom Ex-Sportschau-Moderator Reinhold Beckmann. Dort ist der Bus im Inneren wie ein Tonstudio eingerichtet, wodurch sich Kinder und Jugendliche mit Unterstützung von Mitarbeitern kreativ ausprobieren können.
In seinem barrierefreien Gefährt möchte Ismailat jedoch eine ganze Menge mehr unterbringen. Neben einer mobilen Drei-gegen- drei-Streetball-Korbanlage, die an jedem beliebigen Ort auf- und abgebaut werden kann, sollen auch kleine Fußballtore und Badminton Equipment für spontane Futsalturniere unter den Kids bereitgestellt werden. Beides soll in Form von Liga- betrieb stattfinden.
Doch es bleibt nicht beim Sportlichen: Es soll vor allem dafür gesorgt werden, dass die Kinder eine Art Rückzugsort erhalten, der zu Hause aufgrund von Platzmangel oder anderen Problemen eher nicht gegeben ist. Hausaufgabenhilfe soll ebenso zu den täglichen Angeboten gehören wie Unterstützung bei Bewerbungen. Dafür soll der gesamt Bus mit Internet, Laptops und Druckern ausgestattet werden. Doch auch die selbstverständlichsten Gegenstände wie Bücher, die für viele Kinder dort gar nicht so selbstverständlich sind, sollen verfügbar sein.
Auch ein sogenanntes Mentorenprogramm soll etabliert werden und weit über schulische, berufliche oder sportliche Herausforderungen hinausgehen und auch Inklusionsarbeit beinhalten. „In all den Jahren, in denen ich vor Ort in Notunterkünften und Brennpunkten mit Kindern gearbeitet habe, ist mir eines aufgefallen. Es fehlen die Bezugspersonen. Leider auch in den Familien. Über Probleme reden oder sie nur mit jemandem zu teilen, das ist etwas, das noch mal einen ganz anderen Impact hat, damit hilfst du wirklich langfristig.“
Um das vielseitige und auf mehrer Jahre angelegte Projekt „Bats-Bus“ zu realisieren, müsste der Verein im ersten Jahr einen Betrag von 250 000 Euro sammeln. In diesem Betrag befinden die Anschaffungskosten für den Bus sowie die Kosten für Personal und laufende Kosten. Ismailat möchte mit zwei Honorarkräften, einem hauptamtlichen und zwei ehrenamtlichen Helfern an den Start gehen. In den darauffolgenden Jahren wären es für das Projekt jährlich dann nur noch 180. 000 Euro. Stand Februar 2022 sind bislang 110000 Euro zusammengekommen, doch der 39-Jährige ist zuversichtlich, dass das Ziel in naher Zukunft erreicht wird. So hat ihm unter anderen die „Aktion Mensch“ eine fünfjährige Kooperation in Aussicht gestellt. Mit weiteren Stiftungen und Hamburger Ins- titutionen befindet sich der Ex-Profi zudem bereits in der Abstimmung, denn das Ziel ist klar. Ismailat: „Dieses Herzensprojekt zu realisieren, das wäre wie eine NBA- Meisterschaft zu gewinnen nur schöner.“
Doch Ismailat wäre nicht Ismailat, wenn er nicht schon einen weiteren Schritt vorausplant: Es soll nicht bei einem Bus bleiben. „Mein Traum wäre eine Flotte Bussen, so dass wir noch flexibler agieren, mehrere Brennpunkte in Hamburg gleichzeitig anfahren und so noch mehr Kinder erreichen können.“ Denn vor Ort helfen und gemeinsam Probleme egal in welcher Form anzupacken, das ist es, was die St. Pauli Bats ausmacht. Das soziale Standbein solle das Gesicht der Kiez-Basketballer sein. Doch wie ist die sportliche Devise? Auch da ist der Ex-Profi nach wie vor ehrgeizig und denkt bereits einen Schritt weiter: Die Rede ist vom Stadtderby gegen die Hamburg Towers, dass so ergänzt er mit einem Grinsen, „irgendwann dann auch mal anstehen soll“.