Der Hamburger Sportbund veranstaltete das Dialogforum „Sport und Integration“ in Hamburgs Osten.
Es ging hauptsächlich um die Stadtteile im Bezirk Hamburg-Mitte. Hamm, City-Süd, Horn, Billstedt und Billbrook liegen geographisch in Hamburgs Osten, gehören aber zu Hamburg-Mitte. Der Veranstaltungsort war in Hamm.

Es waren Vertreter der Notunterkünfte der Geflüchteten, von „Fördern & Wohnen“, „Caritas-Hamburg“, dem Bezirksamt-Mitte und viele weitere engangierte Vereinsvertreter anwesend.

Ziel der Veranstaltung war es die Willkommenskultur in den Vereinen, die interkulturelle Vereinsentwicklung und die langfristige Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchteten in die Sportvereine zu fördern.

Nach der Vorstellungsrunde wurden die Zahlen der Bewohner in den Notunterkünften in den genannten Stadtteilen offen gelegt.

Hamm: In der Eiffestr = 493 Bewohner, Wendenstr. = 164 Bewohner, Hinrichsenstr. = 157 Bewohner

City-Süd: Friesenstr. = 468 Bewohner, Grüner Deich = 172 Bewohner

Billstedt: Mattkamp = 385 Bewohner, Horner Geest = 130 Bewohner

Billbrook: Billbrookdeich = 600 Bewohner, Billstieg = 650 Bewohner

Horn: Weddestr. = 268 Bewohner

Aktuell sind ca. 3487 Bewonhner in den Unterkünften untergebracht. Für 2019 und 2020 sind 4582 Bewohner geplant.

Außer der Unterkunft in Horn, sind uns alle Unterkünfte sehr gut bekannt. Unser Trainer Samer arbeitet, als Streetworker, seit 2012 in Billstedt und Billbrook. Seit 2016 bieten wir unsere kostenlosen Bats-Camps in der Wendenstraße an. Wir holen die Kinder aus den Unterkünften in Billstedt, Hamm, City-Süd ab und bringen sie zurück.

Samer nutzte die Veranstaltung um sich weiter zu vernetzen, unsere zielgruppenspezifischen Angebote vorzustellen und besonders darauf hinzuweisen dass derzeit keiner der genannten Stadtteile Jugend-Basketball im Spielbetrieb anbietet. Der HSB kritisierte das Überangebot an Fußball-Aktivitäten und begrüßte unser Engagement.

Die folgenden Herausförderungen und Lösungsvorschläge fasste Frau Waldeck vom HSB wie folgt zusammen.

Erfahrungen aus dem Alltag:

• Aufbrechen von Bindungen durch Ortswechsel der
Zielgruppe

• Unregelmäßige Teilnahme der Zielgruppe

• Zu spät kommen

• Erreichbarkeit von Frauen

• Zu viele vs. zu wenige
TeilnehmerInnen

• Viele Fußballangebote

• Fehlende zeitliche und personelle Ressourcen

Wie gehen wir damit um:

• Erstaufnahmestellen: kleinere Aktionen → an Sport
heranführen

• Folgeunterkünfte: gezieltere Ansprache – Schnupperaktionen in der Unterkunft, anschließend Sportangebote im Verein stattfinden lassen

• Möglichst niedrigschwellige Angebote

• Persönliche Ansprache

• Direkte Ansprache Flyern vorziehen,
Bezugspersonen/Multiplikatoren finden

• Sport + X Angebote

• Angebotsvielfalt erweitern → Bedarfe der Zielgruppe

• Sportkoordinatoren zur Unterstützung

• Kooperationspartner finden

• Qualifizierungsmaßnahmen HSB

Zum Ende der Veranstaltung wurde über folgende 3 Punkte diskutiert:

1. Was läuft bereits gut in Ihrer (sportlichen) Integrationsarbeit?

2. Was läuft nicht gut in Ihrer (sportlichen) Integrationsarbeit?

3. Was wünsche ich mir?

Besonders hervorzuheben war der Vortrag von unserem Freund Murat Tözel.

Bekannt wurde er durch Berichte im „Kicker“, in der „Mopo“ und durch zahlreiche TV-Auftritte.

Bei der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte 2017, verlieh man ihm sogar den mit 2000 € dotierten Bürger-Preis für besonderes ehrenamtliches Engagement.

Murat ist ein Deutsch-Türke und immernoch als Fußball-Schiedsrichter aktiv. Die meisten kennen ihn jedoch nur unter dem Namen „DJ BÜGELBRETT“. Wir waren Live dabei als er anfing. Als sich 2016/2017 viele geflüchtete, junge, Männer am „Jungfernstieg“ (einer der schönsten Plätze Hamburgs, an der Alster, wo sich täglich nicht nur Touristen sondern auch viele Hamburger treffen) versammelten und die Stimmung zu kippen drohte, fand er die Lösung. Er wollte etwas tun und die zunehmende Wut auf die Geflüchteten stoppen. Er suchte ein paar internationale Hits, nahm eine Box mit und fuhr zum Jungfernstieg um durch Musik die Stimmung zu lockern. Weil er nicht wusste wo er sein Mix-Pult abstellen sollte, griff er zu seinem Bügelbrett um es als Ablagefläche zu nutzen. Dabei dachte er nicht an seine Karierre als DJ sondern nur daran Frieden zu stiften. Es klappte auf Anhieb. Er stellte sich ohne Genehmigung an die Treppen am „Alster Pavillion“ und spielte laute internationale Musik. Es dauerte nicht lange bis sich ein Kreis bildete und fast alle anwesenden zu tanzen begannen. Bei vielen orientalischen, traditionellen Tänzen fasst man sich an die kleinen Finger und tanzt im Kreis. Genau das ist passiert. Das machte er dann regelmäßig. Die Polizei kam jedes Mal und fragte nach einer Genehmigung. Sie bemerkten aber auch, dass es statistisch sehr viel ruhiger geworden war und sagten zu ihm: „Murat du darfst das eigtentlich nicht, wir müssen herkommen und dich kontrollieren. Aber wenn wir weg sind, mach einfach weiter. Seitdem du das hier machst sind die Einsätze drastisch zurückgegangen.“ Murat antwortete darauf:“ Mein Ziel ist es auch eure Nerven zu entlasten!“. Sobald die Polizei wieder um die Ecke verschwand, drehte er wieder auf. Durch Gespräche auf Augenhöhe mit den Geflüchteten, schaffte er es nicht nur die jungen Männer zum Tanzen sondern auch in die Halle zu bringen. Er gründete die „Midnight Soccer Hamburg“ Turniere jeden zweiten Freitag und versammelte 30-50 Jugendliche und erwachsene Männer in der Halle um von 22.00 Uhr bis 02.00 Nachts Fußball zu spielen. Mittlerweile finden die Fußball-Turniere jeden Freitag statt. Er plant zudem eine „Midnight-Soccer-League“ in verschiedenen Stadtteilen. Was ihn antreibt, ist das gleiche was auch uns antreibt. Integration durch Sport.

Hier der Abendblatt Bericht vom 5.11.2017

Von Friederike Ulrich

Bereits zum elften Mal hat die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte am Sonntag den „Bürgerpreis für herausragendes Engagement in der Integrationsarbeit“ verliehen. In diesem Jahr wurden 55 Kandidaten vorgeschlagen, aus denen die Jury drei Engagierte ausgewählt hat. Eine weitere Person wurde für ihre Arbeit geehrt.

Der Preis war in diesem Jahr mit 5000 Euro dotiert und wurde im Beisein von Vertretern aus dem Diplomatischen Korps, aus Sport, Kultur, Wirtschaft und Politik sowie Abgeordneten der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, der Hamburger Bürgerschaft und des Bundestags an folgende Personen verliehen:

Murat Tözel, der als Reaktion auf die Presseartikel über die Unruhen am Jungfernstiegs kurzerhand seine Kopfhörer, Plattenteller und ein Bügelbrett unter den Arm nahm und unter freiem Himmel an der Alster unter dem dem Motto „Tanzen und Feiern statt Ärger“ auflegte.

„Mit einfachsten Mitteln schafft er es, die Menschen zusammen zu bringen, Berührungsängste zu nehmen und Vorurteile aufzubrechen“, so die Jury. Tözel organisiert auch das kostenfreie Familien-Festival „Internationale Bügelbrett Open Air“ sowie das „Midnight Soccer Hamburg“, ein Fußballturnier an jedem zweiten Freitag im Monat. Mit den 2000 Euro Preisgeld will er weitere Projekte initiieren und einen Verein gründen.

Leyla Oehlrich, die sich seit 2015 für geflüchtete Frauen und ihre Kindern engagiert. Durch Ausdauer, Beharrlichkeit und Engagement habe sie es geschafft, ein Netz an Ehrenamtlichen aufzubauen und so zur Gründung eines Mutter-Kind-Bildungszentrums beizutragen, lobt die Jury. Frauen könnten dort unabhängig von Ihrem Aufenthaltstatus Deutschkurse besuchen, während die Kleinkinder spielerisch Deutsch erlernen. Das Preisgeld von 1500 Euro soll voraussichtlich zur Weiterentwicklung und Fortführung des „Mutter- Kind“ Wortschatz-Konzepts verwendet werden, das den niedrigschwelligen Einstieg von Frauen in die deutsche Gesellschaft ermöglicht.

Peter Achner, der seit 16 Jahren unentgeltlich Rockmusikunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund anbietet. „Herr Achners Anliegen ist, den Kindern und Jugendlichen Selbstvertrauen und soziale Kompetenzen durch das Medium Musik zu schenken“, lautet das Urteil der Jury. Das Preisgeld in Höhe von 1500 Euro wird in den Verein Rock Kids St. Pauli fließen, da sich der Verein ausschließlich von Spenden und Fördermitteln finanziert.

Geehrte wurde Cordula Radtke. Sie ist die Gründerin des Vereins 1.FFC Elbinseln, der es Mädchen und Frauen ermöglicht, gleichberechtigt und unabhängig von Herkunft, Religion, kulturellem Hintergrund und sozialem Status, Fußball zu spielen.

Murat, Danke für deinen Einsatz!

Wir freuen uns auf eine Zusammenarbeit mit dir!